Was sind Flugtees?
Flugtee - ein Überblick
Wenn im Frühjahr die ersten Teeblätter sprießen, beginnt eine wichtige Periode in den Bergen von Darjeeling und Nepal. Denn die allererste Teeernte des Jahres, die je nach Wetterlage zwischen März und April liegt, ist heiß begehrt unter First Flush KennerInnen.
Warum nennen wir ihn Flugtee?
Der Begriff „Flugtee“ hat sich in Indien, speziell Darjeeling und Assam, etabliert und bezieht sich darauf, wie der Tee schließlich zu uns gelangt. Schon vor Beginn des Flugverkehrs wollte man die erste, begehrte Ernte aus Indien schnellst möglich nach England transportieren. Daraus entwickelten sich sogar Wettbewerbe zur Kolonialzeit.
1859 setzten sich die sparsameren Klipperschiffe von Indien nach London gegenüber größeren Modellen durch. Zwar gab es weniger Frachtraum, aber es war auch nur eine reduzierte Besatzung für den Transport nötig und allem voran waren diese kleineren Segelschiffe wesentlich schneller. Das erste Schiff, das London mit der frischen Ernte erreichte, erhielt eine besondere Prämie. Aus diesem Wettbewerbsgedanken heraus, entstanden in den 50er bis 60er Jahren schließlich immer effektivere Methoden um die zügige Beschaffung der neuen Ernte zu garantieren – nämlich per Flugzeug, das nach wie vor den schnellsten Weg darstellt. Der via Flug angereiste Tee erhielt somit die Bezeichnung Flugtee.
Schiffrouten stellen heute für die Tee Massenware nach wie vor den Standard dar, da so große Mengen transportiert werden. Für exquisitere Ware hat sich die Flugroute jedoch nach und nach durchgesetzt. Das gilt natürlich nicht nur für die erste Ernte von Darjeeling und Nepal Tee, sondern für ein weitaus breiteres Spektrum.
Trotzdem, der Begriff "Flugtee" bleibt erhalten. Doch eigentlich ausschlaggebend ist, es handelt sich um die allererste Ernte des Jahres beziehungsweise um die erste, frische Ernte der Second Flush Periode. Für die herkömmlichen First Flush Tees, werden all die Pflückungen im definierten Zeitraum der First Flush Periode miteinbezogen, die bis Mai reichen kann. Oftmals setzt sich ein gewisser Tee aus mehreren Pflückungen während der entsprechenden Erntezeit zusammen. Je später der Erntezeitpunkt, desto mehr der feinen, charakteristischen Noten gehen verloren. Die Mischung aus verschiedenen Pflückungen, gewährleistet aber die Qualität der First oder Second Flush Ernten, die nicht als Flugtee zu uns gelangen.
Auf das Wetter kommt es an!
Entscheidend für den Erntezeitpunkt und das Aroma sind die klimatischen Bedingungen. Bei jedem Naturprodukt kann es jährlich zu Schwankungen kommen. In Jahren mit verzögertem Regen, kommt es folglich auch zu einem späteren First Flush. In manchen Gärten setzt man daher auch auf künstliche Bewässerung, damit die Ernteperiode in etwa beibehalten werden kann.
Daher schmeckt nicht jeder First Flush Flugtee aus dem gleichen Garten so wie in den Jahren zuvor. Es stellt uns jedes Jahr vor ein neues, individuelles Geschmackserlebnis.
Vor den Pflückungen, die in den Handel gelangen, können Testpflückungen stattfinden. Die "invoice" Nummer oder auch DJ Nummer, die manchmal, aber nicht immer auf der Ware gekennzeichnet ist, verrät, um die wie vielte Pflückung es sich dabei handelt.
Die Unterschiede von First und Second Flush auf einen Blick
Ein Blick in die Teedose reicht und man erkennt bereits den ersten charakteristischen Unterschied.
Frischer First Flush hat leichte Ähnlichkeit mit einem grünen Tee, denn das Blatt hat oftmals einen deutlich grünen Einschlag mit hellgrünen, dunkelgrünen und silbrigen Anteilen - je nach Tee. Letztere sind die geschlossenen Blattknospen. Diese Farbe hängt mit der Verarbeitung zusammen. First Flush Tees werden meist nur über einen kurzen Zeitraum im Ruheraum oxidiert - das sind in der Regel 15 bis 20 Minuten, das entscheidet der Teamaster am Geruch. Somit bleibt das junge Grün des Blattes erhalten und erinnert visuell an Grüntee.
Sommerernten weisen dementgegen ein viel dunkleres, bräunliches bzw. mehrfarbiges Blatt mit hellen Tips (den Knospen) auf. Die zwei Blätter neben der Knospe, die pro Trieb gepflückt werden, haben eine dunklere Farbe, weil etwas länger oxidiert wird. In diesem Fall 1 1/2 bis 2 Stunden.
Tees, die eine längere Zeit oxidiert sind, können auch etwas länger zwischen 1 bis 2 Jahre gelagert werden, ohne wesentlich an Aroma zu verlieren. Bei frischen First Flush Ernten, die nur kurz oxidieren, sollte der Tee für den besten Genuss, nach einem halben bis in einem Jahr getrunken werden.
Aroma und Zubereitung
Natürlich besitzt jeder Flugtee sein ganz einzigartiges Aroma. Doch es gibt auch geschmackliche Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Sorten. Ein First Flush Flugtee weist überwiegend höchst blumige bis fruchtige, süßliche Noten sowohl im Geruch als auch am Gaumen auf, oftmals gefolgt von leichter Adstrigenz der Tannine, die stärker wird, je länger der Tee abkühlt. Manche First Flush Flugtees sind sehr spritzig und erfrischend, andere weich und blumig.
Für die Zubereitung von First Flush Flugtee wird empfohlen, den Tee bei 95 - 100°C für 2 Minuten ziehen zu lassen.
Auch ein zweiter Aufguss wird gerne getrunken, wobei jedoch die süßen, fruchtigen Noten etwas verloren gehen. Wird ein zweiter Aufguss beabsichtigt, empfiehlt es sich, den ersten etwas kürzer als 2 Minuten zu ziehen. So schmeckt der Tee natürlich milder.
Shincha - neuer Tee
Nicht nur bei Schwarztees wird die erste Ernte des Jahres sehnlichst erwartet. „Shincha“ bedeutet aus dem japanischen übersetzt „neuer Tee“. Nach dem traditionellen chinesischen Kalender beginnt 88 Tage nach dem offiziellen Frühlingsbeginn im Februar die Shincha Zeit. Im Ersten April Wochenende beginnt Qing Ming, das eine Zeitgrenze beschreibt. Die erste Ernte findet vor Qing Ming statt, danach gibt es eine scharfe Grenze, wonach der Preis der darauffolgenden Ernten wieder sinkt.
Nur die jüngsten Blätter des Tees werden zwischen Ende März und Ende Mai geerntet. Je mehr Richtung Sommer die Ernten voranschreiten, desto größer und schneller wachsen die Blätter und natürlich hat das auch Einfluss auf die geschmacklichen Komponenten im Tee.
In den subtropischen Regionen, wie Kyushu mit den bekannten Provinzen Kagoshima und Myasaki, wird bereits Anfang April geerntet, je nach Wetterlage. Erst im Mai sind Shizouka und Uji an der Reihe. Da Regenfälle im Mai häufiger auftreten, ist auch darauf bei der Ernte zu achten. Wird während des Regens gepflückt, entsteht eine geringere Qualität (Tsuyu-me) als am Tag nach den Regenfällen, was den Geschmack voller machen soll und das Wachstum beschleunigt.
Auch bei Shincha stellen die ersten Pflückungen eine Besonderheit dar. Über den Winter bis zum Frühling können die Pflanzen viele Nährstoffe akkumulieren und in die jungen Triebe geleitet werden, wo sie für neues Wachstum gebraucht werden. Im Sommer hingegen können sich weniger Nährstoffe ansammeln und es entsteht eine andere Zusammensetzung der sekundären Pflanzenstoffe, daher unterscheidet sich auch die Tee Qualität. Auch der Feuchtegrad der Shinchas ist wesentlich höher als bei Sommerernten, was sie deutlich frischer schmecken lässt.
Inhaltsstoffe sind in frischem Shincha reichlich, über Vitamine, L-Theanin, α-Linolensäure, Catechine und natürlich Koffein. Die Annahme, in Sommerernten befänden sich immer mehr Catechine als in Frühjahrssorten, stimmt so nicht. In der ersten Ernte sind für gewöhnlich mehr Catechine vorhanden als in späteren Ernten, jedoch handelt es sich um eine andere Zusammensetzung der verschiedenen Arten von Catechinen.
Man könnte nun den Eindruck gewinnen, dass nur die ersten Ernten von Grün- und Schwarztees hochwertig oder immer im Geschmack überlegen wären. Eine derartige Verallgemeinerung trifft selbstverständlich nicht zu. Den „besten“ Tee gibt es zwar, aber er ist für jeden, individuellen Geschmack ein anderer.